Auch wenn heute erfreulicherweise in der Hundeerziehung viel über positiver Bestätigung (also mit Lob und Leckerchen) gearbeitet wird, schwirrt der Begriff der Dominanz immer noch in den Köpfen vieler Hundehalter und Trainer herum und spätestens wenn es darum geht, dem Hund ein unerwünschtes Verhalten abzugewöhnen, wird häufig doch wieder zur Strafe gegriffen, denn der Halter "muss sich ja durchsetzen".
Eine häufige Aussage von Hundebesitzern ist dann auch: "mein Hund ist dominant" oder "mein Hund dominiert mich".Mit dieser Aussage kann ich als Trainer und Verhaltensberater nichts anfangen. Ich weiß immer noch nicht, was der Hund tut bzw. welches Problem der Besitzer mit seinem Hund hat. Auf Nachfrage stellt sich dann schnell heraus, dass es sich um ganz unterschiedliche Verhaltensprobleme handelt. Echte Rangordnungsprobleme gibt es tatsächlich nur sehr selten.
Die Mär vom dominanten Hund, der unbedingt die Herrschaft über seinen Halter erlangen will, hat sich in den Köpfen festgesetzt und so manches, wozu heute in der Hundeerziehung geraten wird (als erster durch die Türe zu gehen, den Hund erst zu füttern, wenn man selber gegessen habe, Schnauzgriff und Alphawurf) stammt aus den Rückschlüssen von Beobachtungen an Wölfen, die in zufällig zusammengestellten Gruppen in Gefangenschaft beobachtet wurden.
Aber erst seit einigen Jahren ist es möglich, frei lebende Wölfe zu beobachten. Die Forscher stellten fest, dass ein Wolfsrudel nicht aus einer losen Gruppe besteht, in der der Alphawolf seine Position als Leittier durch harte Auseinandersetzungen erkämpft hat und die er gegen aufstrebende Rangniedere aggressiv verteidigt.Bei einem Wolfsrudel handelt es sich vielmehr um einen Familienverband, in dem beide Elterntiere die Wolfswelpen und Jungwölfe souverän und nahezu gewaltfrei führen.Auf ganz natürliche Weise lernen die Welpen, dass die Rudelführer ihnen erfahren und überlegen sind, aber auch für Futter sorgen und die Welpen umsorgen und beschützen.
Ausführliche Erkenntnisse dieser Wolfsbeobachtungen haben Günther Bloch, L.& R. Coppinger und David Mech veröffentlicht.Eine Übersetzung des Artikels "Wolves – Behavior, Ecology and Conservation" finden Sie auf der Seite des Freundeskreises frei lebender Wölfe.
Aber zurück zu den angeblich "dominanten" Verhaltensweisen unserer Hunde.Oft sind dies Verhaltensweisen wie: unbändiges an der Leine Ziehen, Aufmerksamkeit erregendes Verhalten, aus der Türe stürmen, nach Futter grabschen oder auch Verteidigung von Futter, nicht Kommen auf Ruf etc.Dabei handelt es sich nicht um Dominanz sondern um normales hundliches Verhalten. Hunde sind Egoisten - genau wie wir Menschen. Sie tun das, was sich für sie lohnt und was für sie von Vorteil ist.
Wenn wir etwas daran ändern möchten, sollten wir den Hund dahingehend trainieren und zwar möglichst über positive Verstärkung und unter Beachtung der Lerngesetze.
Die Arbeit mit positiver Verstärkung ist nicht zu verwechseln mit laissez-faire und antiautoritärer Erziehung.Auch Hunde brauchen klare Regeln, innerhalb derer sie all ihre Bedürfnisse (fressen, trinken, Ruhen, Spielen, Sozialkontakt) erfüllen können. Sie sollen den Hund nicht unnötig einschränken.Das Einhalten von Regeln führt zu Ritualen bzw. Gewohnheiten und gibt Sicherheit - nicht nur dem Hund.
Leider ist das mit dem Einhalten von Regeln so eine Sache und gerade durch die Inkonsequenz vieler Halter wird der Hund verunsichert. Wie soll er es verstehen, wenn er "im Prinzip" auf das Sofa darf, aber böse runtergescheucht wird, weil er gerade nass ist vom Spaziergang?
Ich muss meinen Hund nicht aufscheuchen, um meine "Dominanz" zu demonstrieren, oder dem Welpen ständig sein Futter oder Spielzeug wegnehmen, weil mir das als "Ranghoher" einfach zusteht. Mit solch einem Verhalten kann Ressourcenverteidigung auch erst provoziert werden. Statt Vertrauen zu seinem Besitzer aufzubauen, lernt der Welpe, dass dieser ihm die guten Dinge immer wegnimmt. Bis zum Zähne zeigen und schnappen ist es dann nur noch ein kurzer Weg.
Je mehr (körperlichen) Druck der Besitzer auf seinen Hund ausübt, um seine "Machtstellung" zu demonstrieren, desto häufiger resultiert daraus auch aggressives Verhalten beim Hund.
Hunde wollen nicht die Welt regieren. Lassen Sie sich also nicht einreden, ihr Hund sei dominant, weil es einige Schwierigkeiten in der Erziehung gibt.Suchen Sie sich stattdessen einen kompetenten Hundetrainer, der ihnen hilfreich zur Seite steht. Hierbei helfe ich Ihnen gerne.